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Der Frühling ist für viele Laufsportlerinnen und Laufsportler die Zeit, in der sie ihr Lauftraining deutlich intensivieren. Doch wie viel ist zielführend – und wie viel zu viel? Experte Viktor Röthlin sagt, was man bei einer Trainingssteigerung beachten sollte.

Wenn man 100 regelmässig trainierende Laufsportlerinnen und Laufsportler fragt, ob sie schon einmal verletzt waren, werden wohl 95% die Frage mit ja beantworten. Allerdings sind es bei den meisten nicht Verletzungen als Folge von Stürzen wie beispielsweise beim Skifahren oder Velofahren, sondern Überlastungserscheinungen. Oder anders ausgedrückt: Die Belastbarkeit des Sportlers hat den Belastungen den sportlichen Aktivitäten nicht standgehalten.

Laufsportler sind davon häufiger betroffen als andere Ausdauersportler, weil bei ihnen der Bewegungsapparat beim Laufen speziell gefordert wird und viele Strukturen zusätzlich mit unterstützenden Begleitmassnahmen gekräftigt werden müssen. Es ist nicht zufällig, dass selten Verletzte meist viel investieren in solche Massnahmen. Obwohl es auch grosse individuelle Unterschiede gibt und manche von Natur aus einen sehr robusten Bewegungsapparat haben, andere hingegen nicht. Auch für mich gehörten solche Massnahmen während meiner Karriere automatisch wie die Körperhygiene zum täglichen Training dazu – und ich bin damit gut gefahren.

Faustregeln als Richtwerte

Wenn es um eine geplante Umfangsteigerung des Trainings geht, finde ich persönlich die 10-Prozent-Regel einen guten Richtwert. Das bedeutet, dass man seinen gesamten Trainingsumfang innerhalb eines Jahres um nicht mehr als 10 Prozent steigern sollte. Im Kleinen heisst das auch, dass man den Longjog nicht plötzlich um mehr als 10 Prozent steigert, sondern sich schrittweise an längere Distanzen gewöhnen muss.

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Ein weiterer Grundsatz lautet: Häufigkeit vor Dauer vor Intensität. Also zuerst die Häufigkeit steigern, dann die Dauer und erst am Schluss die Intensität. Je intensiver bzw. schneller man läuft, desto grösser ist die Belastung auf den Bewegungsapparat. Vor allem bei Männern beobachte ich oft, dass sie praktisch immer in der Intensität trainieren und kaum ruhigere Trainings absolvieren. Das ist, als wenn man im Dachgeschoss eine helle Lampe montieren will, aber im Erdgeschoss das Fundament fehlt. Meist geht das irgendwann schief.

Untergrund wirkt unterschiedlich

Ebenfalls ein Grund für eine Überlastung kann die Wahl des Untergrunds sein. Viele machen Bahntrainings, weil sie an ihrem Tempo arbeiten möchten und ein Intervallprogramm auf der Bahn gut kontrollierbar und durchführbar ist. Mit modernen GPS-Uhren kann man das aber ebenso gut auf der gewohnten Trainingsrunde absolvieren, ich persönliche rate daher Hobbysportlern von Bahntrainings ab. Der federnde Belag wie auch die Fliehkräfte in der Kurve wirken belastend auf den Körper, zumal die meisten immer linksrum rennen. Wenn man Bahntrainings machen will, dann zumindest nach der Hälfte die Richtung wechseln.

Auch bei Asphalt muss man vorsichtig sein. Wer auf Asphalt einen Marathon rennen will, muss im Vorfeld zwar regelmässig auf Asphalt laufen, um den Körper daran zu gewöhnen. Man muss sich aber auch da Schritt für Schritt an längere Distanzen herantasten und darf nicht zu rasch steigern.

Zum Saisonstart polysportiv

Zum Saisoneinstieg rate ich allen Läuferinnen und Läufern, den Umstieg von den sanften Wintersportarten wie Langlauf oder Schneeschuhlaufen zum «harten» Lauftraining polysportiv anzugehen. Oft ist das Herz-Lungensystem zum Saisonbeginn zwar fit, aber der Bewegungsapparat noch nicht an die exzentrische Belastung des Laufsports gewöhnt. Also zuerst andere Sportarten wie Velofahren und Schwimmen ins Training integrieren und die Laufkilometer nur langsam steigern. Je weiter der Zielwettkampf weg liegt, desto vielseitiger sollte das Training aussehen mit vielen alternativen Sportarten. Und je näher der Zielwettkampf kommt, desto laufspezifischer darf und sollte das Training aussehen.

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