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Sportler experimentieren immer wieder mit Randen herum. Muskeln sollen dadurch mit weniger Luft auskommen und effizienter werden.

Wundermittel zur Verbesserung der Leistung spriessen wie Pilze aus dem Boden. Sie verleihen Flügel, erhöhen die Fettverbrennung und lassen uns stärker werden. So zumindest die Versprechungen, die manchmal seitens Lebensmittelgesetze gar unzulässig wären.

Auch Randen werden immer wieder mit einer Leistungssteigerung im Sport in Zusammenhang gebracht. Lange waren sie aber kein Wundermittel. Sie galten sogar als problematisch, da sie viel vermeintlich krebsförderndes Nitrat enthalten können. Nitrat ist eine einfache chemische Substanz, ein Verbund aus den zwei Gasen Stickstoff und Sauerstoff. Genau genommen besteht Nitrat aus einem Atom Stickstoff und drei Atomen Sauerstoff. Nitrat selbst ist nicht problematisch, aber nach der Abgabe eines Sauerstoffs wird es zum Nitrit, das schon in kleinen Mengen giftig ist. Daher hatten Gesundheitsämter das Nitrat in Gemüse standardmässig überwacht. Gibt nun Nitrit ebenfalls ein Sauerstoff ab, bleibt eine Substanz mit einem Stickstoff- und einem Sauerstoffatom übrig (chemisch abgekürzt als «NO»). Das NO gilt seit vielen Jahren als interessante Substanz mit vielen positiven Wirkungen. Es wurde 1992 gar von der führenden Fachzeitschrift «Science» zur Substanz des Jahres gewählt. Kann es sein, dass die Angst vor Nitrat/Nitrit daher unbegründet ist?

Nicht besser, aber länger

Die vermeintlich krebsfördernde Wirkung von Nitrat konnte nie durch Beobachtungen oder angewandte Studien bestätigt werden. Heute ist klar, dass die Krebshäufigkeit unabhängig vom Nitrat ist, welches wir über das Essen einnehmen (1). Im Gegenteil: Je länger Nitrat untersucht wird, umso mehr positive Wirkungen scheinen möglich (2). Gehört nun die sportliche Leistungssteigerung ebenfalls dazu?

Die erste Studie diesbezüglich wurde 2007 durchgeführt. Nach Gabe von reinem Nitrat in einer Menge, die rund 150–250 Gramm Randen entsprach, benötigten gut ausdauertrainierte Männer bei tiefen Laufintensitäten weniger Sauerstoff (3). In anschliessenden Studien konnte der «Ovomaltine-Effekt» beobachtet werden. Die Leistung wurde zwar nicht besser, aber sie konnte länger aufrechterhalten werden.

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Egal, ob Nitrat oder Randensaft, in weiteren Studien gab es ähnliche Ergebnisse, und als Wirksubstanz im Randensaft konnte effektiv das Nitrat identifiziert werden (4). Unterdessen gibt es rund 25 Studien, die Ergebnisse sind aber durchwachsen (5). Mit Nitrat kann man es in der Tat meist etwas länger. Aber im Sport geht es kaum um das «länger können» (bei gleicher Intensität). Es geht darum, ob man auf einer bestimmten Distanz schneller unterwegs ist. Hier sind die Ergebnisse bescheiden. Man sah bei Distanzen, die auf dem Rad oder laufend in 15–130 min absolviert wurden, nur einen ganz kleinen, nicht einmal signifikanten Unterschied zwischen Nitrat/Randensaft und einem wirkungslosen Placebo. Differenzierte Aussagen sind nicht möglich, da es nur ganz wenige Studien mit ähnlichen Situationen gibt (z. B. 10-km- Lauf in simulierter Höhe bei ausdauertrainierten Frauen).

Der momentane Wissensstand lautet daher: «Es ist noch unklar, wie Nitrat wirklich wirkt und bei welchen Belastungen dies für wen von Vorteil sein könnte – erst die Zeit wird uns die Antworten liefern». Unterdessen stuft man Randensaft als «möglichen Leistungsförderer» ein und die Sporternährungs-Industrie baut Nitrat in einzelne Produkte wie Riegel oder Getränke ein. Da als einzig möglicher Nebeneffekt von Randensaft eine harmlose, rötliche Verfärbung des Harns auftreten kann, spricht nichts mehr gegen den Randensaft. Eine mögliche Leistungsverbesserung soll man aber eher als Beigabe und nicht als Hauptzweck betrachten. Die Dosierung? Einen halben Liter Randensaft 2–3 Stunden vor einem Wettkampf von nicht länger als 30–40 Minuten (oder täglich bis 15 Tage vor dem Wettkampf) ist am vielversprechendsten. Und ebenfalls gilt: Wirkung und Verträglichkeit unbedingt zuerst im Training ausprobieren, bevor man damit den Wettkampf optimieren will.

Ernährungs-Experte Dr. Paolo Colombani arbeitet als wissenschaftlicher Berater in seiner eigenen Firma.

Quellen:
(1) Bryan et al. Food Chem Toxicol 2012; 50:3646-65.
(2) Weitzberg & Lundberg. Annu Rev Nutr 2013; 33:129-59.
(3) Larsen et al. Acta Physiol 2007; 191:59-66.
(4) Jones. Sports Med 2014; 44:35-45.
(5) Hoon et al. Int J Sport Nut. Exerc Metab 2013 in press.

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