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Kommen Ausdauersportler ohne Fleisch und tierische Produkte zu genügend Eiweissen, Vitaminen und Mineralien? Ernährungsexpertin Corinne Spahr beantwortet die wichtigsten Fragen zum Vegetarismus im Sport.

Die gängige Meinung lautet: Jemand, der kein Fleisch isst, ist ein Vegetarier, aber so einfach ist die Sache ja nicht. Welche unterschiedlichen Formen von Vegetarismus unterscheidet man, Corinne Spahr?
Generell wird als Vegetarismus alles vom blossen Fleischverzicht bis hin zur rein pflanzlichen Ernährung bezeichnet. Aber man muss unterscheiden: Veganer essen keine tierischen Produkte allgemein, also kein Fleisch, kein Fisch und keine Eier, aber auch keinen Honig und keine Gelatine. Die Lacto-Vegetarier essen kein Fleisch, kein Fisch und keine Eier. Milch und Milchprodukte hingegen stehen auf ihrem Speiseplan, deshalb der Zusatz Lacto. Und die Ovo-Lacto-Vegetarier essen kein Fleisch und kein Fisch. Eier, Milch, Milchprodukte oder Honig sind aber erlaubt. Neben diesen Formen gibt es noch zahlreiche Zwischenvarianten wie der Verzicht auf rotes Fleisch oder der Verzicht auf Fleisch ausgenommen von Fisch usw. Die «klassischen» Vegetarier bzw. die grösste Vegetarier-Gruppe sind die Ovo-Lakto-Vegetarier, die auf Fleisch und Fisch verzichten, sonst aber alles essen.

In der Schweiz sind knapp drei Prozent Vegetarier. Ist der Prozentanteil an Vegetariern im Ausdauersport höher als in der Durchschnittsbevölkerung?
Gerade im Ausdauersport ist das Ernährungsbewusstsein recht hoch und dadurch liegt der Prozentsatz an potentiellen Vegetariern wohl etwas höher als in der Durchschnittsbevölkerung. Viele Ausdauersportler sind aber keine strikten Vegetarier, sondern verzichten in ihrer Ernährung auf Wurstwaren oder rotes Fleisch und bevorzugen Fisch und weisses Fleisch wie Geflügel.

Mit welcher Begründung?
Viele Sportler ersetzen das Fleisch durch kohlenhydrat- und faserreiche Produkte. Und einige streichen Fleisch ganz aus ihrem Ernährungsplan, weil sie denken, dadurch zu viel Fett einzunehmen und an Gewicht zuzulegen. Das ist aber nur bei Wurstwaren richtig, rotes Fleisch oder auch Geflügel ist eher fettarm. Und dann gibt es auch ethische und/oder moralische Gründe, weshalb auf Fleisch oder tierische Produkte verzichtet wird.

Ist eine vegetarische Ernährung leistungsfördernd?
Dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Tendenziell nehmen Vegetarier aber mehr Kohlenhydrate zu sich als Nichtvegetarier und das kann für intensiv trainierende Ausdauersportler durchaus ein Vorteil sein. Andererseits sind im Fleisch und in tierischen Produkten viele wichtige Inhaltsstoffe enthalten, die bei einer vegetarischen Ernährung anders zugeführt werden müssen. Egal, ob vegetarisch oder nicht – wichtig ist eine ausgewogene Ernährung, damit keine Defizite entstehen.

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Was sind die Gefahren, wenn Sportler gänzlich auf Fleisch verzichten?
Auch Vegetarier können sich durchaus alle nötigen Nährstoffe aus der Nahrung beschaffen, es ist in der Praxis – je nach Art des Vegetarismus – einfach ein bisschen komplizierter. Eine gut eingestellte vegetarische Ernährung enthält genügend Energie und Protein, ist kohlenhydratreich und fettreduziert und entspricht damit ausgezeichnet den Richtlinien einer modernen Sporternährung. Vegetarier müssen ihre Ernährung aber etwas bewusster planen, damit keine Mängel entstehen, denn einige Vitamine und Mineralstoffe wie Eisen, Riboflavin, die Vitamine B12, B1, B6 und A oder Kalzium und Zink kommen hauptsächlich in tierischen Lebensmitteln vor. Fleisch liefert zudem auch L-Carnitin und Kreatin, zwei weitere wichtige Inhaltsstoffe. Als Vegetarier sollte man daher Bescheid wissen, mit welchen vegetarischen Nahrungsmitteln man diese Inhaltsstoffe zu sich nehmen kann.

Gibt es gesundheitliche Vorteile, wenn man auf Fleisch verzichtet?
Vegetarismus bedeutet auch den Verzicht auf Wurstwaren wie Aufschnitt, Schinken, Salami, Hackfleisch oder auf Innereien wie Leber, Nieren usw. All diesen Lebensmitteln wird keine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben.

Welche konkreten Ernährungstipps sollten Vegetarier beachten?
Ovo-Lacto-Vegetarier haben es am einfachsten, sie können als Proteinquelle Milchprodukte und Eier einnehmen und so ihren Fleischverzicht gut kompensieren. Wer hingegen Kuhmilch mit Sojamilch ersetzt, muss darauf achten, dass er Sojamilch kauft, die angereichert mit Calcium ist, da Sojamilch nur wenig Calcium enthält. Überhaupt muss beim Weglassen von Milchprodukten auf andere calciumreiche Nahrungsmittel zurückgegriffen werden wie calciumreiche Mineralwasser, Nüsse, Sesam, Leinsamen, Gemüse wie Broccoli und allenfalls muss man Calcium noch zusätzlich zuführen. Eine Proteinquelle für den Ersatz von Fleisch und tierischen Lebensmitteln bieten Linsen, getrocknete Bohnen und Erbsen, Tofu, Nüsse, Soja oder weizenbasierte Alternativen.

Lacto- und Ovo-Lacto-Vegetarier, die Milchprodukte konsumieren, haben es einfacher als Veganer?
Ja. Bei strikten Veganern stellt zudem häufig der Vitamin B12-Mangel ein Problem dar, denn Milchprodukte und Eier enthalten Vitamin B12. Veganer können das mit vitaminangereicherter Sojamilch und allenfalls mit Supplementen kompensieren. Ebenfalls problematisch bei Veganern kann die Aufnahme von Riboflavin sein, ein Vitamin aus dem B-Komplex. Gute Quellen dafür sind angereicherte Frühstücksflocken, Getreide, Sojamilch, Sojayoghurt und Sojakäse.

Ein häufiges Argument «pro» Fleischkonsum ist der hohe Eisenanteil im Fleisch. Wie wichtig ist das Eisen im Fleisch und mit welchen anderen Lebensmitteln kann ebenfalls Eisen zugeführt werden?
Es gibt zwei Formen von Eisen in der Nahrung: Hämeisen, das in tierischen Produkten wie rotem Fleisch, Geflügel, Leber und Eiern enthalten ist, sowie das Nicht-Hämeisen, das in Frühstücksceralien, Brot, Nüssen, grünblättrigem Gemüse, getrockneten Früchten oder Hülsenfrüchten wie z. B. roten Bohnen vorkommt. Das Hämeisen wird vom Körper sehr gut absorbiert, das Nicht-Hämeisen wesentlich schlechter, da besitzt Fleisch klare Vorteile. Für Vegetarier ist es daher besonders wichtig, eisenhaltigen Lebensmittel in ausreichender Menge zu essen und diese mit Vitamin C reichen Nahrungsmittel wie Orangensaft, Kiwi oder Salat mit einer Mahlzeit zu kombinieren, da die Aufnahme des Nicht-Hämeisen verbessert wird. Tee, Kaffee oder auch unverarbeitete Kleie hingegen verschlechtern die Absorption, weshalb sie zu den Mahlzeiten eher vermieden werden sollten.

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