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Radfahren ist nicht ganz so einfach, wie es scheint. Gerade deshalb lässt sich mit ein paar gezielten Übungen und Trainingsformen eine Steigerung des Tempos erzielen. 

Können Sie Schlagzeug spielen? Nein, werden wohl die meisten antworten – obwohl, einfach mit den Stöcken darauf rumhämmern kann ja jeder.

Können Sie Radfahren? Ja, werden alle älter als 6-oder 7-jährigen antworten.

Obwohl einfach draufsitzen und treten nicht wirklich etwas mit der Sportart Rad fahren zu tun hat, denn die Bewegung beim Radfahren ist weit mehr als eine einfache Auf- und Abbewegung der Beine, auch wenn das von blossem Auge kaum ersichtlich ist. Kommt dazu, dass wirklich schnell Radfahren Geduld und Zeit benötigt. Laut Experten dauert es rund zehn Jahre, bis ein Rennfahrer seinen Leistungshöhepunkt erreichen kann. Nicht umsonst sind die meisten erfolgreichen Rennfahrer nicht 19 oder 20 Jahre alt, sondern alle so um die 30, zumindest im Rennradsport. Der Begriff Radfahren bedeutet aber nicht wie vor 15 Jahren automatisch Rennrad fahren, sondern hat sich massiv verändert. Jüngere Sportarten wie Mountainbike oder Triathlon haben die Anforderungen verändert und dazu geführt, dass unterschiedliche Trainingsprinzipien angewendet werden müssen.

Unterschiedliche Anforderungen

Im Strassenrennsport dauert ein Rennen mehrere Stunden, im Mountainbike hingegen nur rund 1-2 Stunden. Dazu kommt, dass ein Rennen auf dem Rennrad meistens relativ gemächlich beginnt und sich das Tempo erst gegen den Schluss hin verschärft.

Bei einem Bike-Rennen hingegen wird von Anfang an voll gefahren, kurz nach dem Start sogar speziell schnell, um sich eine gute Ausgangsposition sichern zu können. Ein Biker wird also nicht darum herum kommen, hochintensive Belastungen auch ins Training einzubauen, währendem beim Strassenfahrer der Fettstoffwechsel die entscheidende Bedeutung besitzt. Dieser wird mit langen Trainings in tiefen Intensitätsbereichen verbessert. Das ist auch der Grund, weshalb der erfolgreiche Rennfahrer in der Regel älter ist als der Biker, da die Ausbildung des Fettstoffwechsels längere Zeit in Anspruch nimmt als die Fähigkeit, über kürzere Distanzen ein hohes Tempo aufrechtzuerhalten.

Noch einmal anders sieht es im Triathlon aus. Bei der Langdistanz sitzen die Sportler zwar auch lange im Sattel, fahren allerdings mit einem konstanten Rhythmus, den sie selber bestimmen können. Und auch bei der Kurzdistanz gibt es im Wissen um die noch folgende Laufstrecke kaum abrupte Tempoverschärfungen. Es ergeben sich demnach folgende Anforderungs-Profile:

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  • Strassenradsport: Hohe Ausbildung des Fettstoffwechsels; Fähigkeit, kurzfristig häufige (meistens nicht selber bestimmte) Rhythmuswechsel vollziehen zu können; kraftsparendes Fahren in der Gruppe (Windschatten); hohes Tempo am Berg.
  • Bike: Fähigkeit, von Beginn weg eine konstant hohe Intensität durchfahren zu können (bei Rennen kurz nach dem Start im Maximaltempo); gute Fahrtechnik, gute Kletterfähigkeiten (meistens werden in Bikerennen viele Höhenmeter gefahren); Fahren im roten Bereich (Maximalpuls), geringes Körpergewicht.
  • Triathlon: Hohes und gleichmässiges Grundtempo über einen langen Zeitraum nötig; ökonomisches Fahren, Schnelligkeit (Sprints) nicht entscheidend; auch Kletterfähigkeiten nicht massgebend, da meist flache Strecken.

Konsequenzen fürs Training

Die unterschiedlichen Anforderungen wirken sich natürlich auch aufs Training aus. Für den Rennradfahrer und auch Triathleten sind in der Aufbauphase lange und niedrigintensive Trainings entscheidend. Dieses Grundlagentraining benötigt zwar auch ein guter Biker, dort sind aber immer wieder auch kürzere und intensivere Trainings angesagt.

Rückt dann die Saison näher, sind überall intensivere Trainings nötig. Der Rennradfahrer und der Biker bevorzugen ständige Rhythmuswechsel und Zwischensprints, Triathleten ein hohes Tempo über einen kürzeren Zeitraum. Der Anteil hochintensiver Trainings ist beim Biker am höchsten, gefolgt vom Rennradfahrer, beim Triathleten sind solche Trainingsformen weniger nötig.

Für alle aber gilt: Mehr als die Hälfte des Trainings spielt sich immer im niedrigintensiven Bereich ab und intensive Trainings erfordern genügend Erholungszeit, in der sich der Körper an die erhöhte Belastung gewöhnen kann. Das Zauberwort bei der Umsetzung der verschiedenen Belastungsformen heisst «Variation”. Also nicht stur immer im gleichen Tempo die gleich grosse Runde fahren, so wie es noch immer viele Hobbyfahrer praktizieren, sondern Abwechslung sowohl in der Dauer wie in der Intensität ist gefragt.

Das Fahren in der Gruppe kann entscheidende Vorteile bringen. Denn wenn man alleine unterwegs ist, fährt man immer mit dem Tempo, das einem gerade passt. In der Gruppe muss man sich aber den anderen anpassen und vielleicht in einem Tempo einen Berg hochfahren, wie man das alleine nie tun würde. Und das ist enorm wichtig. Für die Gruppe spricht auch der Motivationsaspekt. In der Gruppe kann man miteinander sprechen und plötzlich sind zwei, drei Stunden vergangen, während einem das Training alleine viel länger vorkommt. Wer vor der Saison immer alleine trainiert, läuft Gefahr, während der Saison motivationsmässig ausgebrannt zu sein.

Komplexe Tretbewegung

Ebenfalls ein ganz entscheidender Punkt bei der Frage der Geschwindigkeit im Radsport nimmt die Trettechnik ein. Das Beherrschen der Fahrtechnik, also zum Beispiel, wie geschickt wir eine Abfahrt meistern, führt zwar zum Bejahen der eingangs gestellten Frage «können Sie Rad fahren», beeinflusst aber die Leistungsfähigkeit nur wenig.

Mit Trettechnik ist die Koordination der an der Tretbewegung beteiligten Muskeln gemeint, also wie flüssig, rund und effizient wir möglichst lange und schnell Rad fahren können. Trettechnik ist dabei ein etwas irreführender Begriff, denn die landläufige Meinung, dass man beim Rad fahren nur treten muss, ist schon längst überholt. Auch der Ausspruch «heute hatte ich wahnsinnig Druck auf den Pedalen» wird der Bewegung beim Radfahren nicht gerecht, denn die Beinmuskulatur wird nicht nur mit Druck geben – also Treten – beansprucht, sondern muss beim guten Fahrer viel komplexere Bewegungsabläufe meistern, als es optisch den Anschein macht.

Die Kunst dabei ist, dank einer möglichst grossen Bewegungsvielfalt die Ermüdung hinauszuschieben. Wenn wir nur immer die gleiche Tretbewegung vollziehen, ermüden wir viel schneller, als wenn uns die Bewegungsvielfalt erlaubt, bei Ermüdung neue motorische Einheiten ins Spiel zu bringen. Anders ausgedrückt: Jede Variation der Bewegung führt auch zu einem veränderten Zusammenspiel der beteiligten Muskeln, wodurch diese weniger schnell ermüden. Die folgenden Tipps helfen Ihnen, eine möglichst grosse Bewegungsvielfalt zu erreichen und Ihr Training optimal zu variieren:

Tipps zur Optimierung des Trainings

  • Variieren Sie die Intensität des Trainings. Fahren Sie ab und zu mit Partner oder in der Gruppe. Dadurch werden Sie gezwungen, den Rhythmus der anderen anzunehmen und können nicht einfach nur Ihren «Tramp» durchfahren.
  • Machen Sie unterschiedlich lange und intensive Radtouren und nicht nur am Wochenende eine lange.
  • Wenn Sie an Rennen teilnehmen, müssen Sie sich die Motivation einteilen. Wer in der Vorbereitung und Anfang Jahr jedes Training pickelhart bei Wind und Wetter durchzieht, bekommt eher früher als später Motivationsprobleme und fühlt sich ausgebrannt. Lieber auch einmal ein Training sausen lassen, wenn einem nicht danach zu Mute ist.
  • Fahren Sie freihändig! Wenn Sie eine wenig befahrene Strasse finden, versuchen Sie doch einmal freihändig in Variationen zu fahren. Sie werden merken, wie sich die ganze Konzentration ohne Ausgleichsbewegungen am Lenker sofort auf die Beine verlagert. Am besten eignet sich dazu eine leichte Bergaufstrecke. Fahren in aufrechter Position beansprucht mehr die hintere Beinmuskulatur, Fahren mit gebücktem und nach vorne geneigtem Oberkörper mehr die vordere Oberschenkelmuskulatur.
  • Fahren Sie mit dem Bike oder Gravel auch einmal auf Untergrund mit schlechter Bodenhaftung wie nassem Gras, lockerem Kies oder Schlamm. Dadurch «erspüren» Sie den passenden Krafteinsatz im richtigen Moment.
  • «Fühlen» Sie die Tretbewegung. Stellen Sie sich eine Pedalumdrehung als Kreis vor und versuchen Sie, mit den Füssen das Pedal im grösstmöglichen Kreis zu führen. Immer mit konstantem Zug/Druck – ohne Lücke. Oder versuchen Sie, das Pedal an den Füssen gar nicht zu spüren, so als ob ein Luftkissen zwischen Schuh und Pedal bestehen würde.
  • Verändern Sie die Sitzposition fliessend, also etwas nach vorne oder hinten auf dem Sattel rutschen, mit mehr oder weniger stark gebeugtem Oberkörper usw. Variieren Sie die Winkel in den Gelenken und damit den Einsatz der beteiligten Muskulatur.
  • Bergab sollte die Tretbewegung nie eingestellt werden, sonst werden zu Beginn der kommenden Steigung die Beine «zu» und «bleischwer» sein.
  • Variieren Sie nicht nur Dauer und Intensität des Trainings, sondern auch die Tretfrequenz (zwischendurch auch hohe Frequenzen fahren!).

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